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4. Dezember 2024

3 Monate luniq – ein Rückblick von Sandra Niederberger

Seit gut drei Monaten bin ich nun Teil von luniq. Zeit, meine bisherigen Eindrücke und Erfahrungen zu reflektieren und mit euch zu teilen.

Viele der Aufgaben, die ich bei luniq übernehme, sind mir aus meiner bisherigen Arbeit bereits vertraut – insbesondere die Begleitung von Menschen mit Unterstützungsbedarf. Doch was mich immer wieder aufs Neue fasziniert, ist die Möglichkeit, diese Menschen in ihren ganz konkreten Lebensrealitäten zu unterstützen, gemeinsam Hürden abzubauen und sie auf ihrem Weg zu mehr Selbstbestimmung und Entfaltung zu begleiten. Besonders im ambulanten Setting, das mir hier begegnet, fällt mir auf, dass häufig mehr möglich ist, weil die institutionellen Rahmenbedingungen wegfallen. Das Setting ist offener, flexibler – und vor allem ist es für die Menschen selbst oft ein ganz anderer Prozess. Wenn jemand bereits einen weiten Weg zur selbstbestimmten Wohnform hinter sich hat oder gerade auf diesem Weg ist, dann wird es für diese Person selbstverständlich, dass auch größere Veränderungen machbar sind.

Ambulantes und stationäres Wohnen

Ich habe festgestellt, dass vielen Menschen mit Behinderungen klar ist, dass ihnen bestimmte Leistungen zustehen. Diese Erkenntnis ist wichtig, besonders wenn man den Vergleich zur stationären Arbeit zieht. Dort hatte ich oft den Eindruck, dass viele Menschen zwar den Wunsch hätten, in einer anderen Wohnform zu leben, dass aber der «große Brocken» – der Schritt hin zu einer Veränderung – sie in vielen Fällen abschreckt oder verunsichert. Es fehlen Bilder, Beispiele und oft auch das notwendige Wissen bei den Fachpersonen im stationären Bereich, um diese Wünsche aufzugreifen und umzusetzen. Das war auch für mich eine Herausforderung – bis ich hier bei luniq gelandet bin. Ich habe gelernt: der Weg zur selbstbestimmten Wohnform ist nicht einfach. Menschen mit Behinderungen müssen viele Hürden überwinden, bevor sie überhaupt die nötigen Leistungen erhalten. Es beginnt mit einem Gesuch, einem Unterstützungsplan, der Suche nach Assistenzpersonen und vielem mehr – oft muss der Mensch schon eine Wohnung haben, bevor die Unterstützung überhaupt einsetzt. Und das ist nur die organisatorische Seite. Hinzu kommen die emotionalen Hürden, die mit Veränderungen und Übergängen einhergehen. Und genau hier spielen Organisationen wie luniq eine zentrale Rolle.

Wie luniq arbeitet

Dank des fundierten Know-hows und der hohen Flexibilität bei luniq können wir Menschen individuell begleiten und unterstützen, ihren Wunsch nach einer selbstbestimmten Wohnform zu realisieren. Wir springen in eine Lücke, die durch die bestehende Struktur der Unterstützungssysteme entstanden ist. Denn Übergänge sind nie einfach. Sie sind komplex und erfordern eine intensive Begleitung, die – das muss man leider sagen – in vielen Fällen noch nicht ausreichend strukturiert ist. Die Zuständigkeiten sind oft unklar und die verantwortlichen Institutionen sind häufig mit zu wenigen Ressourcen ausgestattet. Das Modell der ambulanten Leistungen, also dass Menschen mit Unterstützungsbedarf Anspruch auf Assistenz- und Fachleistungen haben, ist erst seit einigen Jahren im Kanton Luzern eingeführt und steckt noch in der Entwicklungsphase. Als Fachperson der Sozialen Arbeit stellt sich mir daher die Frage, wie dieses Modell weiterentwickelt werden muss, damit mehr Menschen den Mut und die Möglichkeit haben, ihre Wohnform zu verändern. Ich denke, dass vor allem Zuständigkeiten und Abläufe klarer definiert und finanziell besser unterstützt werden müssen. Es wäre auch sinnvoll, wenn stationäre Einrichtungen eine eigene Abteilung für Übergänge schaffen oder eng mit Organisationen wie luniq zusammenarbeiten würden.

Denn nach einem erfolgreichen Übergang geht die Arbeit für die Menschen mit Unterstützungsbedarf, für die Assistenzpersonen und für uns von luniq weiter. Wir stehen immer wieder vor Herausforderungen – beispielsweise in Bezug auf die Komplexität des Sozialversicherungssystems, aber auch in Bezug auf Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse in der Assistenzbegleitung oder auch hinsichtlich des Arbeitsauftrags und der Profession.  Letztlich haben Menschen in Behinderungssituationen Anspruch auf qualitativ hochwertige Unterstützungsleistungen in allen Lebensbereichen. Doch es gibt noch viel zu tun – in vielen Bereichen müssen die Bedingungen weiterentwickelt und verändert werden. Ich freue mich, diese Prozesse gemeinsam mit allen Beteiligten und zusammen mit luniq aktiv mitzugestalten.

Sandra Niederberger
luniq-Fachperson

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