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14. Juni 2022

Vom Wohnheim in die erste eigene Wohnung / Teil 3

Seit einigen Monaten nun besuche ich Jasmin wöchentlich in ihrer neuen Wohnung, um alles zu besprechen, was in ihrem neuen Wohnalltag so anfällt. Mal gibt es Post zu bearbeiten oder Dokumente auszufüllen, mal ein Netflix-Abo abzuschliessen oder gemeinsam ein neues Rezept auszuprobieren. All dies tun wir immer gemeinsam, damit sich Jasmin neue Fähigkeiten fürs selbständige Wohnen aneignen kann.

Im Zentrum der Hausbesuche steht Jasmins Befinden und was sie aktuell beschäftigt. Diese Gespräche sind wichtig für Jasmin als auch für unsere (Arbeits-)Beziehung. Als Jasmin noch im Wohnheim wohnte, war es für sie normal eine fixe Bezugsperson zu haben, mit welcher sie sich regelmässig austauschen konnte. In gewisser Weise übernehme nun ich diese Funktion und bin für sie eine bestehende Stütze in ihrem Wohnalltag. Mit jedem Hausbesuch wächst das gegenseitige Vertrauen und so kommen Themen zum Vorschein, die Jasmin beschäftigen und sie sich Unterstützung wünscht. Das kann zum Beispiel Unterstützung im Umgang mit den eigenen Gefühlen sein oder auch die Gestaltung einer Liebesbeziehung. All dies sind Themen, welche ebenso in den Wohn- und Lebensalltag gehören können und es damit zur Aufgabe für uns luniq-Fachpersonen wird, diese Bedürfnisse entgegenzunehmen und Unterstützung zu bieten.

Alle Themen und Tätigkeiten, bei denen Jasmin Unterstützung braucht, werden in ihrem persönlichen Unterstützungsplan gesammelt. Dieser gibt luniq und Jasmin einen Überblick und Orientierung, was aktuell ansteht und welche Unterstützungsleistungen bis wann erbracht werden sollen. Der Unterstützungsplan wird in regelmässigen Abständen mit Jasmin besprochen, wobei Erledigtes abgehakt und Neues hinzugefügt wird.

In Jasmins Unterstützungsplan sind einerseits kleinere Tätigkeiten gesammelt. Dazu gehörte kurz nach dem Umzug zum Beispiel das Installieren des Internets oder die Bedienung des Backofens. Da ich bei diesem alten Modell nicht weiterhelfen konnte, klingelte Jasmin kurzerhand bei der Hauswartin, die gleich zu Besuch kam und ihr alles zeigte. So ist bereits eine erste Verbindung in die Nachbarschaft und somit zum Sozialraum aufgebaut worden.

Andererseits gibt es auch Themen, bei denen die Unterstützung etwas zeitintensiver ist, zum Beispiel bei derFreizeitgestaltung. Jasmin hatte noch etwas freie Zeit unter der Woche, in der sie gerne etwas Neues lernen oder Sport machen möchte. Immer wieder fiel uns etwas ein, wie z.B. ein Kochkurs oder ein Schwimmkurs, aber es schien nie ganz zu passen. Nach einigen Wochen stiessen wir auf ein Inserat von Procap Zentralschweiz, welche neu Yogakurse für Menschen mit und ohne Behinderung anbieten. Und das quasi direkt vor Jasmins Haustüre. Jasmins Interesse war gross, also half ich ihr mit der Anmeldung. Auch zum ersten Kurs begleite ich Jasmin, um sie bei organisatorischen Fragen mit der Kursleiterin zu unterstützen. Jasmin geht nun schon seit einigen Wochen regelmässig ins Yoga und hat für sich eine tolle Auszeit vom Alltag gefunden. Und ich habe einmal mehr gelernt, dass es manchmal einfach etwas Zeit braucht und vor allem Vertrauen, dass die richtigen Dinge dann schon zu ihrer Zeit kommen.

Sonnige Grüsse,
Fleur Matson
luniq-Fachperson

Weiterführende Informationen

Falls Sie näher an unserer Organisation interessiert sind oder zur Umsetzung beitragen möchten, freuen wir uns, Sie kennen zu lernen.

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