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2. Juni 2020

Wenn der Traum vom selbstbestimmten Wohnen Wirklichkeit wird

Selbstbestimmt wohnen und leben, in den eigenen vier Wänden, im Quartier, mitten in der Gesellschaft. Was für viele selbstverständlich klingt, ist für Daniel Rickenbacher erst seit wenigen Monaten Wirklichkeit. Nach über elf Jahren leben und wohnen in einer Institution ist ihm ein Quantensprung gelungen – der Einzug in die erste eigene Wohnung. Selbstbestimmt wohnen und leben – dank dem Assistenzbeitrag, der tatkräftigen Unterstützung seines Umfeldes und dem Verein luniq. Nicht zu vernachlässigen sind dabei die Zielstrebigkeit und die grosse Portion Mut, die Daniel Rickenbacher mitbringt.

luniq freut sich mit Daniel Rickenbacher über diesen Meilenstein und ist dankbar, dass er uns an seinen Erfahrungen, die er uns in einem Interview mitteilte, teilhaben lässt:

Mögen Sie sich kurz vorstellen und etwas über sich erzählen?
Mein Name ist Daniel Rickenbacher und ich bin 26 Jahre alt. Ich komme aus Illgau, das liegt im Kanton Schwyz. Aufgrund eines Sauerstoffmangels bei meiner Geburt habe ich eine körperliche Behinderung. Ich habe bis Januar 2020 in der Rodtegg, Stiftung für Menschen mit einer körperlichen Behinderung, gewohnt und gearbeitet. Als Praktiker für Büroarbeiten war ich in der Buchhaltung tätig. Heute bin ich Mitarbeiter und Botschafter bei der Firma Active Communication. Nun habe ich seit Ende Januar 2020 eine eigene Wohnung und lebe mit persönlicher Assistenz. Der Übergang ging sehr gut. Wegen dem Corona Virus hatte ich vom 20. März 2020 bis zum 25. Mai 2020 das Wohnen mit Assistenz unterbrochen und lebte für diese Zeit bei meinen Eltern.

Wieviel Zeit liegt zwischen dem Wunsch, selbstbestimmt zu wohnen, bis zum Einzug in die erste eigene Wohnung?
Meine Überlegungen haben schon früh begonnen, nämlich bereits im Jahr 2015. Aktiv daran gearbeitet, habe ich ab Oktober 2018.

Was war Ihr erster Schritt, um den Wunsch vom selbstbestimmten Wohnen zu verwirklichen?
Ich schrieb luniq ein E-Mail und machte mit Ihnen einen Termin ab.

Was war Ihr Antrieb oder Ihre Motivation, den Weg zum selbstbestimmten Wohnen anzugehen?
Ich will selbstbestimmt leben, nicht institutionsbestimmt. Wenn ich in der Rodtegg wohnen wollte, musste ich auch in der Rodtegg arbeiten und ich konnte mich immer mehr bei Active Communication einbringen.

Gab es auf dem Weg zum selbstbestimmten wohnen Hürden zu überwinden? Wer oder was war dabei hilfreich?
Ich wollte viel lernen und ging darum sechs Wochen in eine sehr intensive REHA. Bei der Wohnungssuche hatte ich sehr viel Glück und bei den Assistenten noch mehr. Der Wohnungsumbau war eine Hürde, weil ich nicht warten konnte bis die IV die Kosten übernimmt.

Was hat sich für Sie verändert, seit Sie alleine wohnen?
Ich habe ein Zuhause, was ich wirklich ein Zuhause nennen kann, auch wenn ich einmal nicht mehr so viel zu meiner Familie gehen kann. Es geht mir viel besser bei allem. Ich habe mit dem Assistenzmanagement eine sinnvolle Aufgabe und eine Stelle in der freien Wirtschaft.

Wer übernimmt die Aufgaben, in denen Sie auf Unterstützung angewiesen sind? Und wie organisieren Sie sich diese Unterstützung?
Ich habe 14 Assistenten, die ich jeden Monat dort, wo ich Sie brauche, einteile.

Gibt es Situationen, in denen Sie das Leben in der Institution vermissen?
Bis jetzt nicht.

Was raten Sie Personen, die ebenfalls den Schritt zum selbstbestimmten Wohnen angehen möchten?
Mutig sein und Unterstützung holen. Es ist viel Arbeit und es ist nicht einfach, aber für diejenigen, die das wollen, lohnt sich die Arbeit.

Herzlichen Dank für Ihre Offenheit, lieber Herr Rickenbacher. Ihre Geschichte inspiriert und motiviert uns, weiterhin einen Beitrag zu leisten, damit Menschen mit Behinderung so leben können, wie sie das möchten. Wir wünschen Ihnen von Herzen viel Freude, Zufriedenheit, Wohlbefinden und Erfüllung im selbstbestimmten Wohnen und Leben.

Und Ihnen, liebe Leser*innen, wünsche ich ebenfalls viel Freude und Mut im täglichen Leben und beim Verfolgen Ihrer Träume. Dankbar grüsse ich Sie mit einem Zitat, aus unbekannter Quelle:

„Wenn jemand zu dir sagt, das geht nicht, denke daran, es sind seine Grenzen, nicht deine“.

Isabella Johann
Fachperson luniq

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